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Grundlagen

 

Grundlagen der Stabilisierungssysteme

Schon im zweiten Weltkrieges bauten die USA in einigen ihrer Panzer serienmäßig einfache Stabilisierungsanlagen ein. In der Sowjetunion wurde für die T-26 und BT ein Zielfernrohr mit Blickfeldstabilisierung und Kreiselabfeuerung entwickelt. Das Bild links zeigt das Grundprinzip des genannten Stabilisierungssystems der amerikanischen Panzer. Diese Geräte arbeiteten jedoch noch nicht zufriedenstellend. Der Krieg unterbrach zunächst die Entwicklungsarbeiten, der Schwerpunkt lag auf der Massenproduktion billiger Kampfpanzer. Nach dem Ende des Krieges begann man insbesondere in der Sowjetunion intensiv moderne Stabilisierungsanlagen zu entwickeln und in den 50er Jahren zuerst in den T-54 einzubauen. Auch für den britischen Centurion stand frühzeitig ein zuverlässiger elektromechanischer Stabilisator der Firma Metropolitan-Vickers zur Verfügung. In den USA entwickelte die Firma Honeywell einen Stabilisator, der im M60 und auch im Schweizer Panzer 68 Verwendung fand. 1964 stellte amerikanische Firma Cadillac Gage ihr verbessertes System Add-On vor, das dann 1969/70 auch in den Leopard 1 integriert wurde. Während die Sowjetunion auf ein zusätzliches Kraftrichtsystem verzichtete und die Kanonen aller Panzer vom T-54 an ausschließlich mit Hilfe des Stabilisierungssystems gerichtet wurden, setzte das System Add-On als Zusatz auf das wesentlich früher entwickelte elektrohydraulische Kraftrichtsystem auf. Beginnend mit dem T-64 trennte man die Stabilisierung von Visierlinie und Waffen um die Treffgenauigkeit beim Schießen aus der Bewegung wesentlich zu erhöhen. Das Stabilisierungssystem des deutschen Leopard 2 stellte dann Anfang der 80er Jahre mit seiner über viele Jahre unübertroffenen Stabilisierungsgüte einen Meilenstein in der Entwicklung dieser Systeme dar.
International haben sich zwei Grundverfahren der Waffenstabilisierung herausgebildet. Die Stabilisatoren der Kampfpanzer der T-Serie besitzen von Anfang an je zwei Kreisel für Seite und Höhe, also
Lagekreisel und Wendekreisel, deren Signale übereinandergelegt werden. Das System Honeywell verwendete lediglich je einen Wendekreisel für Seite und Höhe in einem Kreiselblock unter der Kanone. Die Stabilisierungsgüte erreichte jedoch, besonders in schwerem Gelände, nicht die Qualität der Systeme mit zwei Kreiseln je Ebene. Beim System Add-On verbesserte man die Stabilisierungs weiter in dem man zusätzliche Wendekreisel, von der Kanone räumlich getrennt, im Turm und in der Wanne einbaute, um die Signale dann ebenfalls in der Stabilisierungselektronik zu summieren.
Auch die Wege zur unabhängigen Stabilisierung der Visierline unterscheiden sich von einander. Die T-Panzer stabilisieren ab dem T-64 das Sichtfeld des Hauptzielfernrohres rein mechanisch durch einen entsprechend großen Kreisel. Dies ist sogar noch beim T-80 und T-90 der Fall, bei denen das System so verfeinert wurde, dass die Visierlinie in beiden Ebenen stabilisiert ist. Vorhalte sowie Erhöhungswinkel werden durch Ausschwenken der Kanone aus der Visierline realisiert, also nachgeführt wie die Bewaffnung beim Leopard 2. Diese sogenannte Waffennachführanlage des Leopard 2 folgt jedoch einem etwas anderen Prinzip. Der Ausblickkopf des Hauptzielfernrohres besitzt faktisch ein eigenes elektromechanisches Stabilisierungssystem mit einem Regelkreis aus Kreiseln und Resolvern. Die Bewaffnung folgt, von der Elektronik gesteuert, der Visierlinie nach. Dabei hat das Stabilisierungssystem des Zielfernrohres Vorrang vor der Stabilisierung der Waffen.

Im Folgenden einige Gedanken zu den Grundlagen der Stabilisierungssysteme. Die Kenntnis der physikalischen Kräfte an technischen Kreiseln wird vorausgesetzt. Die Beschreibungen stützen sich Anfangs auf das russische Stabilisierungssystem, sind aber, was die physikalischen Grundlagen betrifft, auf alle Systeme anwendbar.

Die Kreisel sind das Herzstück des Stabilisierungssystems. Es sind technische Kreisel mit denen in Echtzeit die Abweichung der Kanone in der vertikalen bzw. horizontalen Ebene gemessen werden kann. Die benötigten Ausgangssignale sind die Winkelabweichung und die Winkelgeschwindigkeit mit der die Abweichung erfolgt. Während der Bewegung im Gelände kommt es durch Schwingungen um die Querachse zu Kräften, die durch die technisch nicht vermeidbare Reibung in den Schildzapfen der Waffenaufhängung auf die Kanone übertragen werden. Die Kanone wandert aus ihrer Position aus. Lenkbewegungen sowie Schwingungen um die Längsachse der Wanne führen zu Kräften, die den Turm aus seiner Solllage bringen. Darüber hinaus sind natürlich Kanone und Turm durch die Richtantriebe grundsätzlich schon relativ fest an die Bewegungen der Wanne gekoppelt wodurch sie den Bewegungen des Panzers folgen.

Das linke Bild zeigt skizzenhaft einen Kreisel zur Messung der Winkelgröße der Abweichung. Der Kreisel besitzt drei Freiheitsgrade. Man bezeichnet ihn als Winkelgeber oder auch als Lagekreisel. An der Achse des äußeren Kreiselrahmens wird an Stelle des Zeigers ein Resolver angebaut, der das mechanische Winkelsignal des Kreisels in ein elektrisches umsetzt.
Die Kreiseldrehzahl beträgt, bei den russischen Systemen, cirka 26.000 upm, während die Kreiselachse einem fiktiven Gewicht von bis zu 2 Kg standhält ohne auszuwandern.
Für den Vertikalstabilisator verläuft die Y-Achse in der Skizze parallel zur Seelenachse (
rot) des Kanonenrohres. Wandert die Kanone um die X-Achse aus der Solllage aus, dann behält der Kreisel seine Lage bei und verdreht durch die Kreiselkräfte den Aufhängungsrahmen. Dabei dreht sich der an der Achse des äußeren Kreiselrahmens befindliche Rotor im Resolver. Dieser gibt ein der Winkelabweichung entsprechendes elektrisches Signal ab.

Lagekreisel besitzen in der Regel ein integriertes Korrektursystem zum Ausgleich technologisch bedingter Fehlersignale. Durch nicht vermeidbare Reibung und Fertigungstoleranzen in der Kardanaufhängung des Kreisels kommt es nach kurzer Laufzeit zu Unwuchten im Kreisellauf. Dies führt zum Auswandern der Kreiselrahmen aus der optimalen rechtwinkligen Lage zueinander und damit zu einem Fehlersignal und im Resultat zu einer Verschlechterung der Stabilisierungscharakteristik. Gleichfalls kann es beim Schwenken des Turms und gleichzeitigen Vorhandensein eines Erhöhungswinkels der Kanone zu einer Komponente am inneren Kreiselrahmen und zum nachfolgenden Auswandern des Kreisels durch Präzession kommen.
Die Kreisel des Stabilisators 2E28M des T-64/T-72 berücksichtigen beispielsweise einen Fehler in der Rahmenausrichtung von höchstens 1 bis 2 Grad. Vergrößert sich der Fehler, dann spricht der Elektromagnet der Korrektureinrichtung an und führt die Kreiselrahmen wieder in die zueinander rechtwinklige Lage zurück. Das System berücksichtigt darüber hinaus durch die Stärke der einsetzenden Korrektur, ob der Kreisel durch eine Geländeunebenheit auswandert oder ob der Richtschütze den Turm horizontal richtet.

Eine zweite wichtige Messgröße ist die absolute Winkelgeschwindigkeit mit der die Kanone aus der Solllage auswandert. Diese Geschwindigkeit wird von einem zweiten Kreiselsystem gemessen. Dieses System ist ein Kreisel mit nur zwei Freiheitsgraden und einem Resolver für die Signalumformung. Man bezeichten ihn als Winkelgeschwindigkeitsgeber oder auch Wendekreisel. Für den Vertikalstabilisator verläuft die Y-Achse in der linken Skizze parallel zur Seelenachse (rot) des Kanonenrohres. Eine Besonderheit bei diesem Kreisel ist, das die Y-Achse in einem Drehstab ausläuft, der einseitig fest mit dem Kreiselgehäuse verbunden ist. Dadurch wird der Kreisel beim Auswandern der Kanone aus der Solllage um die X-Achse an der freien Verdrehung des Rahmens gehindert. Die Kreiselkräfte, durch die Anordnung der Kreiselachse sind es Präzessionskräfte, verdrehen den Drehstab. Um störende Eigenschwingungen am Wendekreisel zu dämpfen, wird in der Regel das Schwingungsverhalten durch Wirbelstrombremsen oder ähnlich geeignete technische Maßnahmen am freien Ende des Drehstabes gedämpft. Am Resolver entsteht letztlich als Äquivalent zu den Torsionskräften am Drehstab ein Signal für die Größe der Winkelgeschwindigkeit. Wenn durch das einsetzende Stabilisierungsmoment das Auswandern der Kanone gestoppt wurde und die Kanone wieder auf die Solllage zurückzuschwingen beginnt, schlägt der Winkelgeschwindigkeitsgeber in die entgegengesetzte Richtung aus. Der Resolver gibt nun, in Bezug auf das vorherige Signal, ein negatives Signal aus, während das Signal des Winkelgebers noch ein positives Vorzeichen hat. Eine Besonderheit der amerikanischen Systeme Honeywell und Add-On ist, das nur Wendekreisel eingesetzt wurden. Dabei befand sich beim System Add-On, beispielsweise für das vertikale Stabilisierungssystem, ein Wendekreisel unmittelbar an der Kanone (Waffenkreisel) und ein zusätzlicher Wendekreisel abgesetzt im Turm (Turmkreisel). Die Größe der Winkelabweichung von der Solllage kann aus der Torsionskraft am Drehstab ermittelt werden.

Weitere Signalgeber können Werte für die Verkantung der Schildzapfen der Kanone und für die lineare Beschleunigungen in der horizontalen Ebene des Turmes bei Verkantung der Wanne bzw. beim Schwenken des Turms geben. Diese Geber basieren in der Regel auch auf den Kreiseln mit zwei Freiheitsgraden mit entsprechenden Resolvern.

Resolver sind auch als Drehmelder bekannt. Das linke Bild zeigt nun das Prinzip eines solchen Resolvers.
Der Rotor in der Mitte befindet sich auf der äußersten Achse des Kreiselrahmens. Der außen angeordnete Stator besitzt Spulen, an denen eine über einen Umformer aus dem 24 Volt Bordnetz transformierte Spannung von etwa 40 Volt bei 400 - 500 Herz anliegt. Das sich bildende Magnetfeld durchfließt infolge der Anordnung der Spulen auch den Rotor. Befindet sich der Rotor in der Solllage, dann ist die Ausgangsspannung konstant. Beim Verdrehen des Rotors ändert sich die Spannung an den Statorspulen. Die Ausgangsspannung des Resolvers entspricht dem Maß der absoluten Winkelgeschwindigkeit und in der Phasenlage dem Richtungsvektor der Bewegung der Kanone im Raum. Kommt es nun zum Auswandern der Kanone aus der Solllage, entsteht im Resolver noch vor dem Signal der Winkelabweichung ein Signal der Winkelgeschwindigkeit.

 

Beide Signale, der Winkel der Regelabweichung und das Signal der absoluten Winkelgeschwindigkeit während der Abweichung, werden an den Elektronikblock übergeben und dort weiterverarbeitet. Die Signale werden verstärkt und zu einem Summierungssignal zusammengeführt. Das weiter verstärkte Summierungssignal wird an die Stellglieder des Stabilisierungssystems weitergeleitet. Im Diagramm wird veranschaulicht, welchen Verlauf die Signale nehmen. Das Summierungssignal ist, da es dem Fehlersignal entgegenwirkt, für eine bessere Anschaulichkeit mit entgegengesetztem Vorzeichen versehen.
Wandert die Kanone an einem Hinderniss aus der Solllage aus (A), entsteht sofort eine maximale Winkelgeschwindigkeit, der Fehlerwinkel nimmt kontinuierlich zu. Das entstehende Summierungssignal beginnt gleichzeitig dem Auswandern entgegen zu wirken. Mit zunehmendem Fehler verstärkt sich das Summierungssignal. Wenn das Auswandern der Kanone gestoppt ist (B-C), beginnt die Rückführung der Kanone auf die Solllage (C). Dabei ändert sich die Bewegungsrichtung der Kanone und folglich die Winkelgeschwindigkeit ihr Vorzeichen. Dies führt zu einem abnehmenden Summierungssignal, was zusätzlich die Schwingung der Kanone dämpft (D). Bedingt durch die Masseträgheit schwingt die Kanone über die Sollage hinaus (E) und der Regelkreislauf des Stabilisators arbeitet die umgekehrten Signale der Kreisel bei zunehmender Dämpfung der Schwingung weiter ab (F - G), bis die Kanone sich im Bereich der Solllage befindet (H).

Eines der wesentliches Kriterium der Arbeit des Stabilisators ist dabei die Anzahl der notwendigen Schwingungen bis zum Einschwingen in die Solllage, die sogenannte Dämpfung. Die Anzahl der Schwingungen bis zum Erreichen der Solllage darf nicht zu groß sein, sonst wird der Stabilisator zu "weich". Ist die Anzahl der Schwingungen zu gering eingestellt, kann das zum Aufschaukeln und ungeregelten Vibrieren des Stabilisators führen. Neben der Dämpfung müssen weitere Parameter für den fehlerfreien Betrieb des Stabilisierungssystems eingehalten werden. Das sind der Rohrausgleich für das Gleichgewicht zwischen Rohrmündung und Bodenstück, das Reibmoment in den Richtantrieben und Lagerungen, die Starrheit als Ausdruck des entwickelten Stabilisierungsmomentes und weitere Parameter entsprechend der konstruktiven Besonderheiten der einzelnen Typen.

Das Richten der Bewaffnung. Neben der Grundfunktion des Stabilisierens der Lage der Waffe im Raum muss es dem Richtschützen möglich sein, die Waffen präzise auf ein Ziel zu richten. Dazu werden verschiedene Verfahren angewendet. Die russischen Stabilisierungssysteme, die ja keine autonomen Kraftrichtanlagen besitzen, nutzen hier wieder das Prinzip der geregelten Präzession der Lagekreisel. An der kardanischen Aufhängung der Lagekreisel mit drei Freiheitsgraden befinden sich sogenannte Richtmagnete. Diese Elektromagnete werden direkt angesteuert durch die Signale der Potentiometer in den Richtgriffen. Die Elektromagnete erzeugen ein Moment das dem Winkel der Verdrehung der Richtgriffe entspricht. Der Kreiselrahmen präzediert mit genau dem Winkel der dem Moment des Richtmagneten entspricht. Dabei dreht sich der Rotor im Resolver, als ob eine Lageabweichung der Kanone bzw. des Turmes entstanden wäre. Das Stabilisierungssystem beginnt sofort mit der Richtgeschwindigkeit nachzuregeln, die durch die Richtgriffe und dem Moment der Richtmagnete vorgegeben wurde. Werden die Richtgriffe in die neutrale Position zurückgeführt, bleibt die Waffe in der neuen Solllage stehen und wird weiter stabilisiert.
In den Systemen von Honeywell oder Cadillac-Gage mit einem autonomen Kraftrichtsystem wird beim Verdrehen der Richtgriffe ein elektrisches Signal erzeugt, dass die Signalausgabe aus der Stabilisierungselektronik an die Stellglieder für den Zeitraum des Richtens überlagert. Der Stabilisator wird faktisch beim Richten "überfahren". Bei den modernen Waffennachführanlagen, die des Leopard 2 basiert ja auf dem System Add-On, werden beim Verdrehen der Richtgriffe elektrische Signale an die Kreisel der Kopfspiegelstabilisierung angelegt und dadurch die Solllage auf eine neue Position gebracht. Die Stabilisierungselektronik führt die Waffenanlage auf diese neue Solllage nach.

Der Laser-Kreisel. Die beschriebenen Mängel des traditionellen mechanischen Kreisels, wie lange Anlaufzeit und die Neigung zum Auswandern, treten in den zunehmend Verwendung findenden Laser-Kreiseln oder auch Ring-Kreiseln nicht auf. Laser-Kreisel sind mit dem Moment des Einschaltens sofort einsatzbereit und können nicht auswandern. Zusätzlich sind sie im Gegensatz zu den mechanischen Kreiseln mechanisch äußerst robust und nahezu wartungsfrei. Das linke Bild zeigt einen solchen Laser-Kreisel der Firma Honeywell.

In diesem System werden kontinuierlich zwei gegenläufige Laserstrahl (rot) erzeugt. Durch eine spezielle Anordnung von Spiegeln (gelb) wird erreicht, das sich die Laser-Strahlen permanent kreisförmig innerhalb der Spiegel bewegen. Die Laser-Strahlen umlaufen mehrfach den Weg zwischen den Spiegeln und werden dabei immer "länger", bis sich die einzelnen Strahlen überlagern. Da sich Lichtstrahlen Wellenähnlich verhalten, kommt es bei der Überlagerung zur Resonanzverstärkung bzw. zu Interferenzlöschungen. Wegen des geschlossenen Kreislaufes hebt sich durch die Resonanzverstärkung letztlich eine, messbare, Frequenz heraus. Wird nun der Kreiselblock verdreht, so muss der Laserstrahl der sich gerade in der Drehrichtung bewegt, einen "längeren" Weg als der andere Strahl zurücklegen. Durch die in diesem Moment wirkenden Effekte (Resonanz und Interferenz) ergibt sich ein Unterschied in der Frequenz der beiden Laser-Strahlen. Dieser Frequenzunterschied ist messbar und wird als Ausgangssignal des Laser-Kreisels herangezogen.

 

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